ChatGPT im GameDesign

Das Forschungsunternehmen Open AI hat kürzlich eine Chat-Anwendung veröffentlicht, die einen Dialog mit einem Computer ermöglicht. Dieser nutzt dann Verfahren der künstlichen Intelligenz, um eine Antwort zu formulieren, die nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich der Antwort eines Menschen nahekommen soll. Dieser ohne Fachwissen durchführbare Dialog lässt sich für verschiedenste Anwendungsgebiete einsetzen, was zu einer großen Popularität des Dienstes führte. In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, wieweit sich der Mechanismus für die Konzeption von digitalen und analogen Spielen eignet.

ChatGPT bei Kreativtechniken

Kreativtechniken sind ein essentielles erstes Werkzeug der Ideenfindung. Fragen wir ChatGPT, welche Techniken es kennt:

Chat mit ChatGPT
ChatGPT benennt einige Kreativtechniken

Die Antwort zeigt, dass der Computer versucht, seine Antworten kurz und prägnant zu formulieren. Generell gibt die KI einen guten Überblick über das abgefragte Thema.

Fragen wir nun nach einer Erklärung einer Technik, z.B. dem Brainstorming.

ChatGPT erklärt Brainstorming
ChatGPT erklärt die wichtigsten Punkte beim Brainstorming.

Die Antwort des Chatbots benennt in der Tat die essentiellen Schritte und Prioritäten des Brainstormings. Dieses Beispiel zeigt, wie ChatGPT eingesetzt werden kann, um z.B. ein bestimmtes Thema nochmal zu wiederholen oder aus anderem Blickwinkel zu erklären.

Personen, die noch nie etwas von Brainstorming gehört haben, könnte diese Antwort jedoch nicht genügen. Sie beschreibt das Werkzeug auf einer Meta-Ebene und gibt z.B. keine konkreten Handlungen oder Ablaufstrukturen an, wie sie ein menschlicher Moderator geben würde.

ChatGPT zur Game Design Document-Gestaltung

Anregungen aus den Antworten der künstlichen Intelligenz können im Prinzip überall dort einbezogen werden, wo es um das Sammeln und Kombinieren von Ideen geht. Bei der Erstellung eines Game Design Documents können wir uns auf verschiedenste Weise inspirieren lassen:

Spielmechanik

Um grundsätzliche Ideen zum Ablauf zu erhalten, kann der Chatbot nach Impulsen zur Spielmechanik gefragt werden. Je allgemeiner die Frage ist, desto allgemeiner ist auch die Antwort. Mit weiteren Rückfragen oder Aufforderungen zur Verbesserung oder Verfeinerung lässt sich die Idee konkretisieren.

ChatGPTs Vorschlag für eine Spielmechanik.

Titel- und Marken-Entwicklung

Eine große Herausforderung der Produktentwicklung ist die Namensfindung, zumal enorm viele Begriffe und Titel bereits existieren. Fragen wir ChatGPT nach Vorschlägen für das von ihm erfundene Spielprinzip:

Namensvorschläge, die sich auf die zuvor gegebene Antwort beziehen.

Wichtig ist hierbei zu bedenken, dass die KI lediglich über den Spielinhalt nachdenkt. Sie berücksichtigt zum Beispiel nicht, ob ein Name bereits existiert oder ob dieser womöglich sogar rechtlich geschützt ist.

Grafisches Thema

Zwar ist ChatGPT ein textbasiertes Werkzeug, doch können wir nach Vorschlägen zu einer interessanten visuellen Gestaltung fragen:

Die Frage nach der Gestaltung liefert zumindest einen Überblick über relevante Themenfelder.

Die Antwort ist noch sehr allgemein und liefert keine konkreten Aspekte, was aber der Allgemeinheit der Frage entspricht. Immerhin erhalten wir eine Liste von Bereichen, die in die Konkretisierung der Gestaltung einbezogen werden müssen.

Um genauere Vorschläge zu bekommen, können wir Detailfragen stellen:

Die Nachfrage nach Details liefert eine ausgewählte Farbpalette sowie eine Begründung zur Motivation.

Wir haben nun eine Palette aus Farbtönen, die aber immernoch sehr allgemein gehalten sind. „Knalliges Orange“ ist beispielsweise ein Farbeindruck, der aber noch viel Interpretationsspielraum zulässt. Fragen wir nach, was genau gemeint ist:

Vorschlag für ganz konkrete Farbtöne.

Die ermittelten Farbcodes können nun in einer Grafiksoftware visualisiert werden:

Grafische Darstellung der Farbwerte, die ChatGPT vorschlug.

Bei der Betrachtung dieser Farbe fällt auf:

  • Die Farben passen prinzipiell zueinander und wirken wie für Gelegenheitsspiele typische Farbwelten.
  • Die Farben sind eventuell nicht das, was man sich bei der textuellen Beschreibung zunächst vorstellte. So hätte ich mir unter „Leuchtendes Gelb“ einen deutlich knalligeren Farbton als dieses Blassgelb vorgestellt.
  • Die Palette ist in sich nicht perfekt: Insbesondere die Kontraste zwischen Rosa und Orange, sowie zwischen Blau und Grün sind sehr schwach.
  • Die Farbpalette ist noch keinem Genre oder Stil zugeordnet. Ist der Schauplatz ein Kinderspielplatz könnte die Palette zum Thema passen, während sie für ein Zombie-Szenario wahrscheinlich unbrauchbar ist.

Die Schwächen begründen sich auch darin, dass wir keine Anforderung zu Kontrast oder Thema formuliert hatten und sich ChatGPT somit für irgend etwas entschied. Durch weitere Eingrenzungen ließe sich hier das Ergebnis verbessern.

Weitere Bereiche

Das oben gezeigte Prinzip von Frage und Nachfrage lässt sich nun beliebig wiederholen und vertiefen. Es könnte in weiteren Abschnitten des Game Design Documents helfen:

  • Charaktere und Story
    Entwerfen von Nichtspielercharakteren, einfachen Handlungssträngen und Dialogen
  • Welt- und Leveldesigns
    Frage z.B. nach (un)typischen Eigenschaften einer Szene innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen wie Umgebungen, Handlungsbezug oder spielmechanischen Zielen.
  • Stimmungen und Akustik
    Impulse zu Stil, Rhythmus, Geschwindigkeit oder anderen Klangparametern lassen sich wie die Farben im Beispiel abfragen.
  • Steuerung und Geräteanbindung
    Tastenbelegungen erfordern genaue Details der Spielmechanik. Der Chatbot kann aber auch mit wenigen Infos bereits allgemeine Vorschläge generieren.

Grenzen des KI-Unterstützung

Es ist erstaunlich, welche Impulse die künstliche Intelligenz bereits liefert. Dennoch lassen sich einige Schwächen feststellen, etwa in folgenden Bereichen:

  • Nicht wirklich intelligent. Das Beispiel oben hat gezeigt, dass es vor allem so aussieht als seien die Antworten intelligent. Im Detail müssen sie aber auf Fehler und Konsistenzen überprüft und ggf. korrigiert werden. Häufig sind Antworten auf den ersten Blick zwar gut geschrieben, bei genauerer Betrachtung aber inhaltlich sehr oberflächlich und aussageschwach.
  • Nicht einzigartig. Die Antworten der KI hängen vom Datenbestand ab, den der Chatbot kennt. Somit ist der Wissensschatz auf diese Quelle begrenzt. Zudem können gleiche Eingaben zu gleichen Ergebnissen führen.
  • Monoton und gefühlskalt. ChatGPT kann einem viel Arbeit abnehmen. Vor allem an Stellen in denen man einfache Antworten oder Inspiration benötigt, blüht die KI auf. Die Antworten neigen aber auch dazu schnell monoton zu klingen und den gewissen Feinschliff zu vermissen.
  • Im Umfang begrenzt. Die KI eignet sich (zumindest heute noch) erst für kleine, überschaubare Fragen. Komplexe Anforderungen scheinen noch fehleranfällig.

Zusammenfassung

Künstliche Intelligenz wie z.B. ChatGPT eignet sich, um Impulse zu bestimmten Fragen des Game Designs zu liefern. Die Antworten liefern Vorschläge deren Detailgrad in der Regel dem der Fragestellung entspricht. Sie müssen reflektiert und verfeinert werden, um das Game Design Document zu konkretisieren.

René Bühling, Tim Greinus

Dr. René Bühling unterrichtet Spieleentwicklung. Tim Greinus studiert Game Engineering. Zusammen veröffentlichen wir hier Artikel rund um die Erschaffung von Games.